Heute wollten wir nach Tuschetien fahren und hatten uns dafür einen Fahrer organisiert, denn die Strecke dorthin soll nicht einfach sein.
Unser Fahrer Suliko war kein Unbekannter, denn über ihn und sein „halbes Leben in Tuschetien“ gibt es eine Doku auf ARTE. Er holte uns um 9 Uhr ab und wir fuhren weiter zu Gvancas Freundin Tamuna, wo weitere Freunde warteten, die wir mitnahmen. Zu siebt fuhren wir im Mitsubishi Delica raus aus der Stadt. Wir hielten in der Nähe von Vardisubani für eine kurze Pause, einen Kaffee und das gute Puri (Brot). Vorbei an der Alaverdi Kirche aus dem 6. Jhdt., wo gerade das Dach aufgrund eines Sturms erneuert wurde, ging es dann langsam los mit der holprigen Straße.
Wir schalteten die Klimaanlage ein, aber wurden statt mit kühler Luft mit einer Staubwolke überschüttet. Die Straße führte uns ohne Leitplanken auf engen Wegen hinauf auf 2600 m. Immer mal wieder kamen uns Autos entgegen, aber unser Fahrer kannte die Straße in- und auswendig. Ich war sehr froh, dass wir nicht selbst versucht hatten zu fahren und hatte vollstes Vertrauen in ihn. Er nannte den Weg „Autobahn“, aber für uns sah es eher nach einem breiteren Wanderweg aus, bei dem Steine, Geröll, Löcher und Flüsse überquert werden mussten.
Nachdem wir einige Serpentinen überwunden hatten, kamen wir oben an einem Kiosk-Café an, welches in einem kleinen Container süßes Gebäck und allerlei Getränke verkaufte. Für 34 GEL kauften wir vier Gebäckteile und zwei Nussstangen eingehüllt in festem Weintrauben-Pudding. Gvancas Freunde hatten Brote und Djadja dabei – einen selbstgebrannten Schnaps aus Weintrauben, den wir natürlich probierten. Eigentlich war er gar nicht so schlecht. Wir genossen die Aussicht und fuhren dann weiter bis nach Omalo, wo unsere Unterkunft „Biliki“ lag.
In Omalo begrüßte uns die Gastgeberin mit lautem, aufgeregtem Lachen. Sie hatte wohl schon einiges an Djadja getrunken. Eine andere Frau reichte uns ein gelbes Getränk, welches furchtbar schmeckte und extrem im Hals brannte. Das war dann nicht so meins. Ein Teil von Gvancas Freunden baute ihre Zelte auf einem kleinen Berg auf. Wir aßen gemeinsam mit Suliko in der Hütte und tranken gelblichen Weißwein. Der Abend wurde sehr emotional, denn in Georgien gibt es den Brauch, dass ein Tischführer („Tamada“) regelmäßig mit Trinksprüchen durch den Abend führt. Suliko übernahm diese Rolle und trank als erstes auf die gesamte Gruppe. Als Nächstes hob er sein Glas und trank auf alle kinderlosen Nachfahren, wünschte ihnen Glück und Gesundheit und Segen. Die Weinkaraffe wurde ständig aufgefüllt, genauso die Gläser.
Suliko wurde richtig poetisch, sprach in Metaphern und sehr tiefgründig. Es wurde sich bedankt für die Gäste, die nach Tuschetien kommen und die Schönheit dieser Gegend erfahren dürfen. Die Menschen in Georgien sind unglaublich gastfreundlich. So stark habe ich das noch nie erlebt und mir kullerten kleine Tränchen die Wange hinunter, da mich seine Worte sehr berührten. Ich hob mein Glas und trank auf ihn, dass er uns so gut und sicher hergebracht hatte. Ich trank auf Gvanca, die uns mit so viel Mühe und völliger Selbstverständlichkeit ihr Land zeigte, uns ihrer Familie und Freunden vorstellte und uns so herzlich willkommen hieß.
Den späteren Abend verbrachten wir auf dem kleinen Berg am Lagerfeuer bei ihren Freunden, grillten Hähnchenschenkel und sahen in den Sternenhimmel, wo nacheinander einige Sternschnuppen fielen.